Interview mit einem Stift

Interview mit einem Stift

Warum ich zum Interview eingeladen wurde? Also, das weiß ich nicht so genau. Ich kann das nur vermuten. Aber … ich bin ja ein Stift, der aus dem Herzen schreiben kann. Also, vielleicht ist es das. Es schreibt sich mit mir vollkommen anstrengungsfrei. Es fließt einfach. Vielleicht ist es das. Also ja, vielleicht ist es das.

Meine Besitzerin? Da starten Sie mit einer sehr persönlichen Frage. Sehr persönlichen Frage. Mein Verhältnis zu Ihr. Nun ja, also – herzlich, würde ich sagen. Herzlich sind wir verbunden. Interessant. Das scheint man ja zu sehen. Von außen zu sehen. Sie haben Recht. Das ist sehr besonders.

Ja klar gibt es eine Geschichte, wie wir uns kennengelernt haben, meine Besitzerin und ich. Also, das glauben Sie nicht! Das glauben Sie nicht! Sie hat mich gemopst! Auf einer Party. Also ich lag da so rum. Sie wollte was schreiben. Den Gefallen hab ich ihr dann auch getan. Und dann hat sie mich einfach eingesteckt! Können Sie sich das vorstellen? Einfach eingesteckt.

Na, da fragen Sie was. Ich soll in nur drei Worten meinen Charakter beschreiben? Wissen Sie, wie viele Worte in einer Minute ich schreiben kann und Sie wollen nur drei, die auf meinen Charakter passen? Also. Na gut. Drei Worte. Schreibselig, fließend und – herzlich.

Welcher dieser Charakterzüge der Wichtigste für mich ist? Die Herzlichkeit. Also. Die Herzlichkeit. Ganz ehrlich. Aus dem Herzen schreiben. Das eint mich übrigens mit meiner Besitzerin. Deswegen haben wir uns wahrscheinlich auch gefunden. Ich verrate Ihnen was. Also. Ich bin ja gar nicht traurig, dass Sie mich gemopst hat. Ich bin so gern bei Ihr! So gern bei Ihr. Vermutlich ihr Lieblingsgegenstand. Ja, wirklich. Und da erklärt sich auch unser herzliches Miteinander.

Der geheime Traum, an dem ich beteiligt sein soll? Ja klar hat mir meine Besitzerin davon erzählt. Ein Buch. Also. Sie will ein Buch schreiben! Stellen Sie sich das vor. Mit mir! Ich bin ja dann quasi in der Hauptrolle. Merkt später keiner. Aber das macht ja nichts. Wir teilen unsere Herzen beim Schreiben. Beim Schreiben. Da geht ein Traum in Erfüllung. Also. Wirklich. Ich wollte doch auch immer schon ein Buch schreiben. Ich bin so froh, dass sie mich gemopst hat. Können Sie das jetzt verstehen?

Wo ich mich in drei Jahren sehe, wenn alles gut läuft? Also. Mein Traum erfüllt sich jetzt schon. Jetzt schon. In drei Jahren. Keine Ahnung. Ich lebe und schreibe JETZT. Das mache ich in drei Jahren genauso. Genauso.

Und wenn ich zurückschaue? Worauf ich stolz bin, in meinem Leben? Also. Stolz bin ich auf meine Herzverbindung. Die hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Deshalb sitze ich hier bei Ihnen. Schreibseligkeit kann man anders nicht erreichen. Wissen Sie?

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